DIE ZEIT NACH DER PANDEMIE #3 FRAUEN
Eine Studie der OECD schlägt Alarm: weltweit sind es vor allem Frauen, die einerseits die Krise stemmen andererseits dies unterbezahlt und unterprivilegiert tun bzw einer Mehrfachbelastung ausgesetzt sind.
Die Situation ist nicht neu – nach dem 2. Weltkrieg waren es die sogenannten „Trümmerfrauen“, die viel zum Wiederaufbau Wiens und ganz Österreichs beigetragen haben. Der Unterschied zur heutigen Situation ist allerdings, dass durch den enormen menschlichen Verlust bei den Kriegshandlungen vor allem die männliche Bevölkerung betroffen war. Somit waren die Frauen gefordert, diese durch den Verlust verursachte Lücke auszufüllen – damals weit unter ihrer Leistung und Bezahlung unbedankt. Bis heute ist dieses Faktum auch in der österreichischen Geschichtsschreibung viel zu wenig beachtet – auch unter dem Aspekt, dass diese Frauen nicht nur Witwen waren, sich ihr eigenes Geld verdienen mussten sondern sich auch um die alleinige Erziehung ihrer Kinder kümmern mussten. Eine einzigartige und viel zu wenig beachtete Leistung.
FRAUEN ALS LEISTUNGSTRÄGERINNEN
In der #COVID19 zeigt sich ein etwas differenziertes Bild: Es sind die Mitarbeiterinnen im Supermarkt, in der Apotheke, die Pädagoginnen, das Krankenhauspflegepersonal, Pflegerinnen in Altenheimen aber auch im privaten Umfeld, die uns allen die notwendige Hilfe zukommen lassen bzw die kritische Infrastruktur aufrecht erhalten.
Sie tun dies meistens in Teilzeitjobs, die generell schlechter bezahlt sind und mit Aussicht auf weniger Pension als ihre gleichaltrigen männlichen Mitbürger. Alleinerzieherinnen sind hier auch nochmals zusätzlich gefordert: das Kind zu Hause, teilweise haben sie Jobverlust und Angst vor Delogierung.
Aber auch unter den Selbständigen und Unternehmern sind Frauen jetzt in der Krise mehr betroffen, da sie auch einen Grossteil der EPUS ausmachen, die von einem Tag auf den anderen durch den Lockdown vor dem wirtschaftlichen Ruin stehen.
Und dann kommt noch ein sehr unerfreulicher Aspekt dazu: in Krisenzeiten sind Frauen vermehrt physischer Gewalt ausgesetzt. Ein Faktum, das nicht kulturell zu erklären ist sondern auch stark mit dem psychosozialen Ausnahmezustand dieser Krise zu tun hat.
Diese „Offenbarungen“ machen mich nachdenklich und zeigen auch auf, dass der neoliberale Kurs der letzten Jahre als einen der grossen Verlierer die Frauen ausweist. Als Sozialdemokrat und Bürgermeister einer Millionenstadt, in der mehr als 50% der Bevölkerung weiblich sind, sehe ich das auch als Auftrag zu handeln und die Frauenpolitik noch mehr im Mittelpunkt meines politischen Handelns zu stellen.
ARBEITNEHMERINNENSCHUTZ
Frauen sind die Leistungsträgerinnen unserer Gesellschaft. Sie tragen wesentlich zum Bruttoregionalprodukt bei – eine Studie des Weltwirtschaftsforums hat ergeben, dass die Einbindung von Frauen in gleichberechtigter Form in die Wirtschaft zur Steigerung des Wohlstandes und damit auch zum sozialen Frieden beitragen.
Die Krise zeigt mir auf, dass der Ausbau des Schutzes der Arbeitnehmerinnen ein ganz wichtiger Aspekt unserer künftigen politischen Arbeit sein muss. Die Gewerkschaft und die Arbeiterkammer erlangen dadurch wieder eine Existenz und Daseinsberechtigung, die ihnen ja im letzten Jahrzehnt oft abgesprochen wurden. Der Sozialstaat muss und kann sich auch nur dann Sozialstaat nennen, wenn wir es schaffen, Frauen nicht nur sozial abzusichern sondern ihnen die Chancen der Verwirklichung und des gesicherten Einkommens geben zu können. Die Aussicht auf eine sichere Pension und einen angenehmen Lebensabend, ohne Angst vor Altersarmut.
Frauen in Wien verdienen im Durchschnitt pro Jahr 7.917 Euro weniger als Männer – und arbeiten damit statistisch gesehen ab dem 9. November bis zum Jahresende gratis. In Wien ist die Lohnschere durch gute Fördermaßnahmen und politische Rahmensetzungen zumindest kleiner als in anderen Bundesländern. Dennoch setzten wir uns mehr denn je für Lohngerechtigkeit ein!
Die Stadt Wien hat bereits zahlreiche Projekte gestartet, die Frauen in ihrer wirtschaftlichen wie sozialen Unabhängigkeit unterstützen und absichern sollen (mehr Info). Dennoch zeigt die Krise auf, dass wir noch lange nicht am Ziel sind.