Soziale Stadtentwicklung im Fokus
Das Rote Wien hat nicht nur für Wien sondern europaweit für eine ganze Generation an Städteentwicklern und Urbanisten neue Standards gesetzt und eine Vision aufgezeigt: die Vision der sozialen Stadtentwicklung.
Die Rahmenbedingungen für eine soziale Stadtentwicklung haben sich klarerweise in den letzten Jahrzehnten massiv verändert. Wien wächst bevölkerungsmäßig und kratzt mittlerweile an der 2 Millionen Einwohner – Grenze. Die Bevölkerung wird dabei auch immer älter – dank innovativer Fortschritte in Medizin und Pflege. Klimawandel und neue Arbeitswelten (bewirkt durch die Digitalisierung) sind zusätzliche Aspekte, die in eine soziale Stadtentwicklung 4.0 einfließen müssen.
Dennoch ändern sich nicht die wesentlichen Eckpunkte, die bereits als visionärer Entwurf im Roten Wien umgesetzt und die kontinuierlich fortgesetzt und weiterentwickelt wurden. Das städtebauliche Konzept der kommunalen Wohnhausanlagen der 60er und 70er Jahre folgte diesem Entwurf ebenso wie die Stadtentwicklung heute. Dabei steht immer die hohe Lebensqualität der Menschen im Mittelpunkt.
Damals teils umstritten und als ,Schlafstädte‘ kritisiert, sind die Gemeindebauten aus den 20er und 30er Jahren längst anerkannte Bausteine einer lebenswerten und ,wachen‘ Stadt. Heute stehen wir vor neuen Herausforderungen. Die Dynamik des Wachstums Wiens kann und wird jedoch Hand in Hand mit einer Stadtentwicklungspolitik gehen, die weiter sozialen Grundsätzen folgt. Stadtentwicklungsgebiete wie Aspern Seestadt zeigen, wohin die Reise auch in einer wachsenden Metropole führt. Eine ,smart City‘ kann nur eine soziale Stadt sein.
Stadtentwicklung in 60-er Jahren
In den 60 er Jahren wurde in Wien-Donaustadt der erste Bauteil der Gemeindewohnhausanlage an der Siebenbürger Straße mit rund 1.200 Wohnungen eröffnet. Damit fiel der Startschuss für ein großangelegtes kommunales Wohnbauprogramm, das die Schaffung von jährlich rund 9.000 Wohnungen vorsah.
Über das Programm des sozialen Wohnbaus hinaus wurde im Rahmen des „Sozialen Städtebaus“ die Errichtung ganzer Stadtteile geplant, mit großzügigen Grünflächen und Freibereichen, Schulen und Kindergärten, Bädern, Sportflächen, Ordinationen, dem Bau von Bezirkszentren, Einkaufszentren u.v.m.
Die Bauweise dieser Siedlungen, die im Montagebauverfahren entstanden, repräsentierten das Konzept der „durchgrünten und aufgelockerten Stadt“ und bildeten somit für viele WienerInnen eine begehrte Alternative zu den Wohnverhältnissen der damals noch unsanierten, gründerzeitlichen Innenstadt mit hohem Substandardanteil, hoher Dichte und Beeinträchtigung durch das sogenannte Hinterhofgewerbe.
SMART CITY
Heute finden wir in den Stadtentwicklungsgebieten wie Aspern Seestadt, Sonnwendviertel oder Nordbahnhof die moderne Version sozialer Stadtpolitik wieder. Dieses Smart City Konzept führt mehrere Aspekte der Städteentwicklung zusammen:
- Kurze Wege, um ressourcenschonend und nachhaltig zu wohnen, zu arbeiten und Freizeitaktivitäten durchzuführen
- optimale Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz, umso zur Verkehrsberuhigung beizutragen
- ein optimaler Mix aus Bildungseinrichtungen, Dienstleistungs- und Handelsbetrieben, Grün- und Erholungsräume sowie kulturelle Einrichtungen (historisches Beispiel ist dafür das Rabenhoftheater im Rabenhof)
- soziales, leistbares Wohnen: geförderter Wohnbau, der alle Lebensformen berücksichtigt und sich durch eine optimale soziale Durchmischung auszeichnet
- Die Digitalisierung spielt dabei auch eine wichtige Rolle: sie soll das Leben, Erleben und Zusammenleben erleichtern, vereinfachen und auch kostengünstiger machen
Soziale Stadtentwicklung bedeutet, dass die Bedürfnisse des Menschen im Mittelpunkt stehen. Gerade in Zeiten von einer Pandemie wie Corona sehen wir, wie wichtig der soziale Zusammenhalt und das solidarische Miteinander sind, damit eine Gesellschaft auch stark durch eine solche Krise kommt. Eine moderne soziale Stadtentwicklung muss und wird auch auf solche Entwicklungen Rücksicht nehmen: Daseinsvorsorge in kurzer Reichweite – ob Bildung, Gesundheit oder Mobilität. Wien ist bereits Vorbild in der EU für den sozialen Wohnbau.
Mit der sozialen Stadtentwicklung zeigt Wien einmal mehr auf, wie Stadtpolitik nach modernen sozialdemokratischen Kriterien funktionieren kann.